Redebeitrag der AG17 zur Polizei

26. Oktober 2012


Für Alternative, Migrant*innen und viele Jugendliche verbreitet die Anwesenheit von Polizei kein Gefühl von Sicherheit, sondern ist Grund zur Sorge und schürt Angst. Selbst bei Bedrohungsszenarien ist sie selten ein Anlass zum Aufatmen.
Grund dafür sind ständige Schikanen gegen all jene, die den gutbürgerlichen Verhältnissen gegenüber stehen, die als Gefahr wahrgenommen werden und gegen die mit Hilfe von Feindbildern vorgegangen wird. Der Begriff Gefahr bezieht sich hierbei nicht nur auf die mögliche Beschädigung von Personen, Tieren und Dingen, sondern als erstes auf eine mögliche Schädigung der öffentlichen Ordnung.
Die ordentlich gekämmten Nazi-Kameraden fallen nicht darunter. Immerhin gefährden sie nicht die wohlgehütete Sauberkeit der Touristeninnenstadt. Alternative und migrantisch Aussehende werden dagegen als Bedrohung der öffentlichen Ordnung angesehen und Angriffe auf sie durch Nazis nicht ernst genommen. Sie werden meist nach Naziübergriffen belächelt und gelegentlich wird ihnen die Schuld am Angriff selbst gegeben.
Frei nach dem Motto: „Wer anders aussieht, gehört hier nicht her“.
Deutlich zeigte sich diese Einstellung nachdem im Juli diesen Jahres eine Gruppe Nazis Student*innen eines internationalen Colleges tätlich angriff. Die Polizei nahm die Betroffenen nicht ernst, empfahl die Angreifer nicht als Nazis zu benennen, redete von bloßen Konflikten und scherzte mit den Kameraden.
Im Sommer 2008 wurde die jährlich stattfindende Punker-Bootstour von Nazi-Hooligans angegriffen. Dieser Angriff wurde im Vorfeld von einem stadtbekannten Schlägernazi angekündigt. Nachdem der Überfall erfolgreich abgewehrt wurde, kam es zu mehreren Festnahmen auf Seiten der Punks. Deren Notwehrhandlungen wurden unter anderem als schwere Körperverletzung kriminalisiert. Einen politischen Hintergrund habe es nicht gegeben. Die Polizeidirektion Erfurt erklärte lediglich, dass die Angreifer ZITAT “der Erfurter Hooliganszene” zuzurechnen seien.
Überhaupt behauptet die Polizei, dass „die rechte“ Karte oft viel zu schnell gezogen würde. So seien die Vorfälle vielleicht nicht frei von politischer Motivation, aber letzten Endes seien sie eben unter Alkoholeinfluss und Aufkochen von Emotionen geschehen. Doch die Polizei agiert nicht nur passiv durch Wegsehen und Herunterspielen. Auch aktiv geht sie gegen alternatives Leben vor:
Beispielsweise stürmte sie im Juli diesen Jahres nach einer Party eine Wohnung in der Andreasvorstadt. Begründet wurde der Einsatz mit Gefahr im Verzuge. Hierbei bedarf es keiner richterlichen Anordnung – die Polizei handelt nach eigenem Ermessen. 12 Polizisten drangen in die Wohnung ein, schlugen die Anwesenden und fesselten sie auf dem Boden. Auf die Frage, was dieser Einsatz solle, antwortete ein Polizist: ZITAT „Halt die Fresse, du bist eh zu arm, um dir ein Gesetzbuch zu kaufen. Guck mal wie du aussiehst“. Bis auf eine Person wurden alle Anwesenden der Wohnung verwiesen und ein Mensch wurde in Gewahrsam genommen. ZITAT „Kannst froh sein, wenn du ihn wieder siehst“, war die Antwort der Polizei auf die Frage nach dessen Verbleib.
Ebenso unangenehm sind die ständigen Kontrollen der Polizei in der Innenstadt. Für Ruhe und Ordnung wird gesorgt. Mit einer guten Portion von Vorurteilen werden Leute schikaniert und mit fadenscheinigen Begründungen Taschenkontrollen erzwungen. Es wird ihnen z.B. unterstellt sie hätten Betäubungsmittel dabei oder hätten solche gerade erst konsumiert. Natürlich ist so ein Vorgehen der Polizei in aller Öffentlichkeit für die Betroffenen peinlich und brandmarkend. Denn umstehende Leute halten das Tun von Autoritäten erst einmal für richtig.
Die Liste solcher Vorfälle ist recht lang, Beschwerden meist erfolglos. Im Allgemeinen ist der Umgang von Polizei mit Antifaschist*innen auf Einschüchterung und Kriminalisierung ausgelegt. Unnötiges Herumgeschubse und Beleidigungen stehen bei politischen Veranstaltungen auf der Tagesordnung. Dabei wird immer wieder deutlich, worum es den Ordnungshütern in Uniform geht: Äußerungen wie ZITAT “Verpiss dich du Fotze” oder “Ihr könnt ja auch zu hause bleiben” zeigen den gewünschten Weg. Die Drohkulisse soll zur Entpolitisierung junger Menschen führen, die sich politisch unbequem äußern.
Natürlich wollen wir mit unserer Aufzählung die Polizei nicht bitten sich uns gegenüber netter, korrekter zu verhalten. Wir wollen keinen Wunsch nach Reformierung staatlicher Institutionen äußern! Die Polizei ist ein Repressionsorgan. Ihre Aufgabe ist es die Staatsgewalt zu vertreten und körperliche Gewalt anzuwenden. Dieses Gewaltmonopol wird benutzt um die bestehende Ordnung aufrecht zu erhalten. Mit immer mehr Befugnissen ausgestattet und entgegen jeder Beteuerung von Menschenrechten und Menschenwürde wird dies gegen unerwünschte Teile der Bevölkerung umgesetzt. Der imaginäre deutsche Normalbürger soll gegen inkriminierte Menschengruppen geschützt werden. Dass die Polizei also Menschen, die sie für Nicht_deutsch hält, Menschen, die nicht nach deutscher Leitkultur aussehen, Menschen die nicht aussehen als hätten sie den herrschenden Arbeitsethos verinnerlicht, abwertend behandelt und vertreibt ist also kein Resultat böser Macht missbrauchender Polizisten. Dieses Verhalten ist in der Institution Polizei selbst begründet. Sie müssen sich so verhalten. Aufgabe der Polizei ist es die bestehende Gesellschaftsordnung, den Kapitalismus zu schützen. Es entspricht ihrer Charaktermaske, gesellschaftliche Gewaltverhältnisse mit körperlicher und psychischer Gewaltanwendung durchzusetzen.
Deshalb kann unsere einzige Forderung nur sein:
Eine Gesellschaftsordnung, die Polizei und Repression erforderlich macht, abzuschaffen.
Für ein Leben ohne Grenzen!